Die einvernehmliche Scheidung


Voraussetzungen

Mit Abstand am bedeutendsten ist einvernehmliche Scheidung. Über 90 % der Ehen werden auf diese Art geschieden. Voraussetzung sind dabei ein zumindest sechsmonatiges Getrenntleben der Eheleute, das beidseitige Eingeständnis, dass die Ehe unheilbar zerrüttet ist und das Zustandekommen einer Scheidungsvereinbarung. Haben die Eheleute gemeinsame minderjährige Kinder, müssen sie eine Bestätigung vorlegen, dass sie sich über die sich aus der Scheidung ergebenden besonderen Bedürfnissen ihrer Kinder bei einer geeigneten Person oder Einrichtung beraten haben lassen.


Scheidungsvereinbarung


In der Scheidungsvereinbarung müssen die Eheleute folgende Punkte regeln:

Obsorge für die gemeinsamen Kinder bzw. Einigung über deren Aufenthaltsort

Obsorge bedeutet Pflege und Erziehung. Die Eheleute müssen also festlegen, wer sich in Zukunft rein praktisch um das Kind kümmert und wer die sie betreffenden Entscheidungen (zB Ausbildung, medizinische Behandlung) trifft. Früher konnte die Obsorge nach der Scheidung nur einem der Eheleute zukommen. Seit einigen Jahren kann aber auch die so genannte gemeinsame Obsorge vereinbart werden. Es herrschen damit rechtlich gesehen die gleichen Verhältnisse wie während der Ehe vor. Es muss diesfalls nur festgelegt werden, wo der hauptsächliche Aufenthalt des Kindes liegen soll, ob es also bei der Mutter oder beim Vater wohnen wird.

Kindesunterhalt

Allgemeiner Berechnungsgrundsatz

Beide Eheleute müssen auch nach der Scheidung für den Unterhalt der gemeinsamen Kinder sorgen. Der Elternteil, bei dem das Kind wohnt, leistet ihn grundsätzlich in natura, der andere in Geld. Was monatlich zu zahlen ist, können die Eheleute theoretisch beliebig festlegen. Früher musste dieser Punkt der Vereinbarung vom Gericht genehmigt werden. Dies ist nunmehr nicht der Fall. Die Vereinbarung ist für den Unterhaltsschuldner bindend. Nicht ausgeschlossen ist jedoch, dass das unterhaltsberechtigte Kind später einen höheren Betrag geltend macht.

 

Meist werden jene Beträge vereinbart, die das Kind auch gegen den Willen des geldunterhaltspflichtigen Elternteils durchsetzen kann. Dies vor allem auch deshalb, weil sich in der Praxis relativ genaue Regeln herausgebildet haben, an die sich die Gerichte grundsätzlich halten. Danach bekommt das unterhaltsberechtigte Kind einen bestimmten Prozentsatz des Einkommens des Unterhaltspflichtigen.

 

Bei einem unselbständig Erwerbstätigen ist der Jahresnettolohn, also unter Berücksichtigung des 13. und 14. Monatsgehalts relevant. Bei einem Selbständigen kommt es auf den in den letzten 3 Jahren durchschnittlich erzielten Jahresgewinn an. Privatentnahmen bilden bei letzterem dann die Bemessungsgrundlage, wenn sie entweder den Reingewinn aus dem Unternehmen übersteigen oder die Betriebsbilanz einen Verlust aufweist.

 

Von dem so ermittelten Betrag erhalten Kinder

 

bis zu 6 Jahren: 16 %

von 6 bis 10: 18 %

von 10 bis 15: 20 %

über 15: 22 %.

 

Muss der Unterhaltspflichtige daneben für ein Kind unter 10 Jahren Unterhalt in Geld leisten, verringert sich der Unterhalt um 1 %, muss er dies für ein Kind über 10 tun, um 2 %. Die Unterhaltspflicht für einen Ehepartner verringert den Unterhalt des Kindes um 1 bis 3 %. Verdient der Ehepartner derart viel, dass der Unterhaltspflichtige an diesen kaum Unterhalt zahlen muss, reduziert sich die Unterhaltspflicht wenig und umgekehrt.

 

Beispiel: Der 9-jährige Felix und der 12-jährige Kurt leben nach der Scheidung bei ihrer Mutter. Der Vater verdient im Jahr inklusive Sonderzahlungen € 24.000,00 netto. Die Ausgangsbasis für den monatlichen Unterhalt sind somit € 2.000,00. Felix bekommt davon 18 % abzüglich 2 %, insgesamt also 16 %, das sind € 320, Kurt 20 % minus 1 %, also 19 %, das sind € 380. Muss der Vater auch an seine geschiedene nicht berufstätige Frau Unterhalt leisten, verringern sich die genannten Beträge um weitere 3 %. Die Kinder bekommen diesfalls 13 % bzw. 16 % und somit € 260 bzw. € 320.

 

Die angeführten Prozentsätze gelten, soweit das Kontaktrecht des Geldunterhalt leistenden Elternteils ein durchschnittliches Ausmaß einnimmt. Bei überdurchschnittlichem Kontakt reduziert sich der Unterhalt.

Unterhaltsstopp bei Besserverdienern

Die Gerichte betrachten zu viel Unterhalt als schädlich für das Kind. Sie setzen der Unterhaltshöhe daher ein Limit („Playboy-Grenze“). Dieses liegt in der Regel bei Kindern über 10 Jahren beim Zweieinhalbfachen, bei jüngeren Kindern beim Zweifachen des so genannten Regelbedarfs. Vereinzelt setzen die Gerichte die Grenzen auch etwas höher oder tiefer.

 

Der Regelbedarf ist eine Größe, die die durchschnittlichen Ausgaben für ein Kind eines bestimmten Alters widerspiegelt. Er wird jährlich verlautbart. Die Sätze für die einzelnen Jahre können unter

 

Österr. ARGE für Jugendwohlfahrt

 

abgerufen werden.

 

Für das Jahr 2024 beträgt der Regelbedarf:

 

Alter Regelbedarf

 

0-3     € 340

3-6     € 340

6-10   € 430

10-15 € 530

15-20 € 660

ab 20 € 760

(Angaben ohne Gewähr)

Berücksichtigung der Familienbeihilfe

Nach der neuerdings überholten Judikatur der Höchstgerichte musste die Familienbeihilfe auch zum Teil den unterhaltspflichtigen Elternteil entlasten. Der OGH hatte diesbezüglich ein kompliziertes Berechnungsmodell entwickelt. Verallgemeinernd kann man sagen, dass sich dadurch vor allem bei Besserverdienern der Unterhalt etwas reduzierte.

 

Nach der Entscheidung des OGH vom 11.12.2019 zu 4 Ob 150/19s ist die Familienbeihilfe bei minderjährigen Kindern jedoch nicht mehr zu berücksichtigen. In seiner Entscheidung vom 25.06.2020 zu 9 Ob 59/19w hat er dies nun auch für volljährige Kinder ausgesprochen. Die Familienbeihilfe führt daher ganz generell nicht mehr zur Kürzung des Kindesunterhalts.

 

Unterhaltsrechner

Für die Berechnung des sich nach der Prozentmethode unter Berücksichtigung der Familienbeihilfe ergebenden Unterhalts empfehle ich den Unterhaltsrechner der Jugendwohlfahrt.

 

Diesen finden Sie unter Österr. ARGE für Jugendwohlfahrt.

Es gibt aber auch andere im Internet abrufbare Rechner.


Kontaktrechtsregelung

Grundsätzlich muss auch das Kontaktrecht (früher sprach man von Besuchsrecht) des Ehepartners zu seinen nicht in seinem Haushalt lebenden Kindern geregelt werden. Früher genügte, wenn beide Eheleute erklären, eine entsprechende Regelung später zu treffen. Eine derartige Erklärung genügt nun aber nicht mehr.


Gegenseitiger Unterhalt der Eheleute

Die Eheleute sind bei der Regelung dieses Punktes völlig frei. Sie können etwa auf den gegenseitigen Unterhalt verzichten oder auch den Unterhalt zeitlich befristen. Wird eine Unterhaltspflicht festgelegt, wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass sich diese an die späteren Umstände anpasst. Steigt also das Einkommen des unterhaltspflichtigen Teils, erhöht sich auch der Unterhalt. Umgekehrt sinkt der Unterhalt mit dem Steigen des Einkommens des Unterhaltsberechtigten. Es ist allerdings auch möglich, diese Umstandsklausel auszuschließen.


Eine Unterhaltspflicht wird vor allem dann vereinbart werden, wenn ein Partner das Scheitern der Ehe verschuldet hat und daher mit Hilfe einer Scheidungsklage Unterhaltsansprüche gegen ihn durchgesetzt werden könnten.

 

Zu bedenken sind weiters die Auswirkungen der Unterhaltsvereinbarung auf eine etwaige Witwenpension (dazu Näheres unten).


Teilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse

Das eheliche Gebrauchsvermögen umfasst die Ehewohnung, den Hausrat und sonstige Sachen, die während aufrechter häuslicher Gemeinschaft dem Gebrauch beider Ehegatten gedient haben. Das sind also beispielsweise Möbel, Unterhaltungsgeräte und Fahrzeuge.

 

Eheliche Ersparnisse sind Wertanlagen, gleich welcher Art, die die Ehegatten während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft angesammelt haben und die ihrer Art nach üblicherweise für eine Verwertung bestimmt sind. Das können etwa Geld, Wertpapiere, Gold oder Liegenschaften sein.

 

Schulden, die mit dem ehelichen Lebensaufwand oder dem ehelichen Vermögen zusammenhängen, sind ebenfalls aufzuteilen. Die getroffene Regelung hat aber nur im Innenverhältnis zwischen den Eheleuten Auswirkungen. Haben beide einen Kredit unterschrieben, haften gegenüber der Bank weiterhin beide. Auf Antrag kann das Gericht jedoch aussprechen, dass sich die Bank zunächst bei demjenigen Ehegatten, der im Verhältnis zwischen den Eheleuten die Schuld begleichen muss, um die Hereinbringung bemühen muss und der andere nur Ausfallsbürge ist.

 

Die Eheleute sind auch in der Regelung dieses Punktes an keine Vorgaben gebunden. Richtschnur wird allerdings sein, was in einem gerichtlichen Aufteilungsverfahren herauskommen würde (dazu Näheres unten).


Kosten

Mit dem Antrag auf einvernehmliche Scheidung sind Gerichtsgebühren von € 312 verbunden. Der Abschluss der Scheidungsvereinbarung verursacht weitere Gerichtsgebühren von € 312 oder € 468. Der zuletzt genannte Betrag kommt zur Anwendung, wenn Gegenstand der Vereinbarung die Übertragung des Eigentums an einer unbeweglichen Sache oder die Begründung sonstiger bücherlicher Rechte sind.

 

Wenn ein Ehepartner weniger Vermögen als Euro 4.944 und weniger Einkommen als Euro 14.834 pro Jahr hat, kann er den Antrag auf Gebührenbefreiung stellen.

 

Die Zuziehung eines Rechtsanwalts ist vom Gesetz (noch) nicht vorgeschrieben, aber auf alle Fälle ratsam. Nähere Informationen über das Rechtsanwaltshonorar finden Sie auf unserer Homepage auf der Seite „Leistungen“.